Presseaussendung von Radio AGORA vom 13. April 2011:
Die mit großer Spannung erwartete Entscheidung, welchem Radio für die kommenden zehn Jahre die Hörfunkzulassung im Versorgungsraum "Siedlungsgebiet der slowenischen Volksgruppe in Kärnten“ erteilt wird, ist von der Kommunikationsbehörde Austria (KOA) zugunsten von AGORA getroffen worden.
In der Begründung der KommAustria heißt es u.a. dass „[...] auf Basis des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und der darauf aufbauend zu treffenden Prognoseentscheidung […] die Zielsetzungen des Gesetzes bei Erteilung der Zulassung an den Verein AGORA am besten gewährleistet erscheinen.“ Und weiters „Das vom Verein Agora geplante Programm unterscheidet sich sowohl hinsichtlich des Musikformats als auch betreffend das Wortprogramm, vor allem durch die starke Ausrichtung auf die slowenische Bevölkerung und Menschen mit Migrationshintergrund, vom derzeitigen Angebot der im Versorgungsgebiet vorhandenen Privatradioveranstalter.
Das Programm des Vereins Agora bietet somit im Hinblick auf außenplurale Aspekte eine hohes Maß an Meinungsvielfalt, weil das im Versorgungsgebiet bestehende Angebot an privaten Programmen in programmlicher Hinsicht ergänzt bzw. erweitert wird. Zudem lässt das vom Verein Agora vorgelegte Konzept auch ein vielfältiges, auf die Interessen im Verbreitungsgebiet Bedacht nehmendes Programm erwarten. Der Verein Agora berücksichtigt in seinem Programm insbesondere die Interessen der slowenischen Minderheit und räumt darüber hinaus der lokalen Berichterstattung im Rahmen seines Wortanteils einen breiten Raum ein. […] Das geplante Programm lässt daher auf eine besondere Berücksichtigung der Interessen im Verbreitungsgebiet schließen. Die Annahme, dass der Verein Agora das geplante Programm auch tatsächlich veranstalten kann, bzw. wird, stützt sich insbesondere auf seine bisherigen Erfahrungen mit der Gestaltung eines vierzehnstündigen Programms im Rahmen der Zulassung der Agora Korotan AKO Lokaradio GmbH, den Umstand, dass die wirtschaftliche Situation als stabil angesehen werden kann sowie der bereits vorhandenen organisatorischen Rahmenbedingungen.“
Lojze Wieser, seit elf Jahren Obmann von AGORA dazu: „Die Freude ist nach Monaten der Unsicherheit sehr groß. Die Entscheidung bedeutet für uns eine Anerkennung der bisherigen Arbeit. Sie zeigt, dass es wichtig und möglich ist, die slowenische Sprache im öffentlichen Raum zu verankern. Dafür werden wir auch in den kommenden Jahren Sorge tragen, wie auch dafür, dass zugewanderte Sprachen, für alle die sie brauchen und hören wollen, ebenso verbreitet werden. Allen – den Hörerinnen und Hörern, den vielen ehrenamtlich und den hauptamtlich Mitarbeitenden, die sich mit viel Zeit und Phantasie auf dieses Projekt eingelassen haben und unsere innovativen Zugänge teilen, möchte ich besonders danken. Sie haben gezeigt, dass es möglich ist, Veränderungen zu bewirken, wenn man an sie glaubt."
Wieser ist überzeugt davon, dass die nationale Frage einen Wandel erfährt, indem nicht mehr die Zugehörigkeiten zu Raum und Territorien im Vordergrund stehen, sondern die Achtung des Menschen und der Demokratie, die von uns verlangt, einen neuen und offeneren Zugang zu entwickeln und mit der Tradition der Assimilation zu brechen. Sprache ist Kultur, Kultur bedeutet Achtung und Achtung bringt Anerkennung mit sich, unabhängig davon wo jemand lebt und unabhängig davon ob sich jemand selbst die Prädikate „national“, „bewusst“ oder „einer von uns/eine von uns“ umhängt oder sie umgehängt bekommt. Jeder Mensch soll die Möglichkeit haben, in seiner Sprache zu leben und zu kommunizieren und dazu ist die Präsenz der verschiedenen Sprachen im öffentlichen Raum Voraussetzung. Das Freie Radio AGORA fördert dieses Bewusstsein und setzt sich mit allen Kräften dafür ein. Es ist den Beweis angetreten, dass es neben Jahrzehnten der Assimilation und Verdrängung von Sprache und Kultur „ein Jahrhundert“ der Offenheit für alle und jeden/jede gibt.
Radio dva, das seit 1998 Partner von AGORA war und im August des Vorjahres völlig überraschend und kurz vor der Antragstellung die Kooperation aufkündigte, um einen eigenen Antrag zu stellen, geht damit leer aus. Radio AGORA ist nunmehr für die nächsten zehn Jahre alleiniger Lizenzhalter, und wird - wie in den vergangenen sechs Jahren – der slowenischen Redaktion des ORF Landesstudio Kärnten wiederum acht Stunden Sendezeit zur Verfügung stellen und selbst zwei Stunden zusätzlich gestalten, wodurch das Programmangebot für die slowenische Volksgruppe in vollem Umfang aufrecht bleibt. Sollte bei Radio dva ein Interesse bestehen, weiterhin senden zu wollen, so ist AGORA bereit, über ein Sendefenster zu verhandeln.
An Plänen und Vorhaben für die nächsten zehn Jahre mangelt es jedenfalls nicht. Geschäftsführer-in Angelika Hödl: „Ein regelmäßiges Stadtteilradio, mit dem AGORA Divan noch mehr im Land unterwegs sein und live berichten, eine Plattform für den Musiknachwuchs aufbauen, die Kooperation mit den zweisprachigen Kulturhäusern intensivieren, das sind nur einige Vorhaben, die mir spontan einfallen. Wir sind bei der Vereinsgründung 1989 mit der Vision angetreten, den Kärntner Äther mit Frischluft zu beleben und ein zwei- und mehrsprachiges „Radio zum Selbermachen“ auf die Beine zu stellen. Damals ein fast exotisch anmutendes Vorhaben und trotz mancher Widrigkeiten ist es Realität geworden. Wir haben also allen Grund, an unsere Visionen zu glauben. Unsere stetig wachsende Hörerschaft motiviert uns sehr und – was mich besonders freut – sie schätzt unsere Themenvielfalt und das zwei- und mehrsprachige Programmangebot.“
AGORA zählt zu den Pionieren der Freien Radios in Österreich und legte durch die 1990 beim EGMR eingebrachte Beschwerde gegen das Rundfunkmonopol in Österreich einen wertvollen Grundstein für die gesamte freie Radioszene und ein vielfältigeres Programmangebot sowohl für die slowenische Volksgruppe als auch für die Mehrheit. Im Bundesland Kärnten erfüllt AGORA seit dem Sendestart 1998 mehrere medienpolitisch wichtige Funktionen:
- AGORA ist sowohl Volksgruppenradio als auch das einzige nichtkommerzielle Freie Radio in Kärnten und damit das Privatradio, das am meisten eigenständiges slowenischsprachiges Programm produziert und der einzige Sender, der interessierte Menschen von jung bis alt einlädt und befähigt, selbst Radiosendungen in den ihnen vertrauten Sprachen zu gestalten.
- AGORA verbindet. Zusätzlich zu den in slowenischer Sprache moderierten Sendungen, die sich speziell an die Volksgruppe richten, sind als innovativer Ansatz die zweisprachigen Sendungskonzepte hervorzuheben. Durch zweisprachig (slowenisch-deutsch) moderierte Programmangebote - vor allem bei Liveübertragungen - wird die slowenische Sprache im öffentlichen Raum der Mehrheitsbevölkerung näher gebracht und damit der Gebrauch der Volksgruppensprache gefördert, ihr Sprachraum erweitert und ein gleichberechtigtes Miteinander gelebt.
- AGORA fördert die Vielseitigkeit Kärntens zu Tage. Der offenen Zugang ermöglicht es, die Gesamtheit der gesellschaftlichen Realität wieder zu geben. Rund 45 ehrenamtliche Radiomacherinnen und -macher aus anderen Ländern, aus gesellschaftlich marginalisierten Gruppen oder aus Initiativen und Organisationen kommend, beteiligen sich aktiv an der Programmgestaltung und moderieren aktuell und live 25 verschiedene Sendungen im Abendprogramm und bekommen damit eine kontinuierliche Stimme in der Öffentlichkeit.
- AGORA swingt. Mit der Positionierung als der Jazz- und Weltmusiksender und mit Liveübertragungen von Konzerten fördert AGORA Musikrichtungen und Genres, die im Mainstream zu kurz kommen. Dazu zählen auch Blues, Rock, Alternative Pop, Soul, Reggae, Hip Hop und elektronische Beats. Aber auch der (lokale) Nachwuchs wird gefördert und ist im Studio gerne gesehen und willkommen.
- AGORA bildet. Interessierte Menschen aller Altersgruppen mit dem Radiomachen vertraut zu machen, ist ein erklärter Schwerpunkt des Senders. In Radioworkshops für Gruppen oder auch in individuellen Einschulungen werden die Grundkenntnisse des Radiomschens vermittelt. Vor allem mit Schulen – von der Volksschule bis zur Oberstufe – gibt es über das Kärntner Medienzentrum dauerhafte und vielseitige Kooperationen. Über 1000 Kinder und Jugendliche konnten bisher Radioluft schnuppern und sendefertige Beiträge, Hörspiele und Features produzieren und bei Interesse ihre Kenntnisse in weiterführenden Workshops vertiefen.
Für die Qualität der Produktionen wurde AGORA mit nationalen und internationalen Preisen, w.z.B. den Hörfunkpreis der Erwachsenenbildungseinrichtungen Österreich 2000 und 2006 und einem Produktionsstipendium des Prix Europa 2009 ausgezeichnet und mehrmals errangen Jugendliche, die bei AGORA einen Workshop besuchten oder ein Praktikum absolvierten, beim Jugendhörspielpreis „Plug In“ der Stadt Villach eine Auszeichnung.